Antrag

der Fraktion der SPD und der Fraktion der PDS

Transparenz im Umgang mit den landeseigenen Unternehmen

Das Abgeordnetenhaus wolle beschließen:

 

 

I.

 

Der Senat wird aufgefordert, ergänzend zu seinem Beschluss zum German Corporate Governance Codex, Leitlinien zur Führung öffentlicher Unternehmen (Corporate Governance Codex) zu erarbeiten, die die Standards für eine verantwortungsvolle und transparente Führung der im Landeseigentum stehenden Unternehmen regeln. Diese Standards sollen gleichermaßen für Landesbetriebe des öffentlichen Rechts wie für Unternehmen des privaten Rechts gelten, an denen das Land Berlin direkt oder indirekt, zu mindestens 25 % beteiligt ist. Die Einführung eines Corporate Governance Codex bei den Unternehmen des privaten Rechts sind durch Einflussnahme durch die Vertreter der Landes Berlin und vertragliche Vereinbarungen sicherzustellen.

 

Der Corporate Governance Codex für öffentliche Unternehmen soll insbesondere zu folgenden Fragen Regelungen enthalten:

 

1.        Es sind verbindliche Vereinbarungen zwischen dem Land Berlin und den Unternehmen über die Unternehmensziele, deren operative Konkretisierung und Umsetzung sowie deren Kontrolle vorzusehen.

 

2.        Dem Land Berlin ist nach folgenden Maßgaben Bericht zu erstatten:

 

a)   Es erfolgt eine regelmäßige und detaillierte Darstellung über die Erfüllung der vereinbarten Ziele, insbesondere zur finanziellen Lage, der wirtschaftlichen Perspektive und den wirtschaftlichen Risiken des Unternehmens.



b). Es wird sichergestellt, dass die Informations-rechte des Landes Berlin nach den §§ 394 ff. des Aktiengesetzes und §§ 53 ff. des Haushaltsgrundsätzegesetzes (HGrG) erfüllt werden.

 

c)   Die Unterrichtung des Abgeordnetenhauses von Berlin über die aktuelle Lage, Ausrichtung und Politik der Unternehmen des Landes sowie deren unternehmensbezogene Eckdaten ist zu sichern, um die frühzeitige Beteiligung des Abgeordnetenhauses von Berlin an grundsätzlichen Fragen der Beteili-gungspolitik des Landes zu ermöglichen.

 

3.   Die interne Organisation der Unternehmen und Betriebe ist so zu gestalten, dass die Vorgaben des Corporate Governance Codex und die vereinbarten Unternehmensziele umgesetzt werden. Dabei sind insbesondere folgende Grundsätze zu beachten:

 

a)  Es ist eine effektive und transparente Beglei-tung der Unternehmenskontrolle durch die Wirtschaftsprüfung unter Beteiligung des Aufsichtsgremiums sicherzustellen. Die Prüfung erstreckt sich auf die Ordnungs-mäßigkeit der Geschäftsführung und auf branchenspezifische Risiken. Die Wirtschafts-prüfer sind turnusmäßig zu wechseln. Interessenskollisionen sind zu vermeiden, indem Prüfungs- und Beratungsaufgaben grundsätzlich an verschiedene Unternehmen vergeben werden.

 

b)  Sachfremde Einflüsse oder Absichten der Vorteilserzielung sind aus dem Management und den Leitungen der Beteiligungen fern zu halten. Insbesondere ist sicherzustellen, dass konkurrierende Unternehmen oder andere Beteiligte, die an der Art und Weise der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe durch ein Unternehmen des Landes Berlin ein eigenes Interesse besitzen, weder in den Unternehmen, noch über die Kontrollgremien Einfluss auf die Unternehmenspolitik nehmen oder Kenntnis von Geschäftsgeheimnissen erlangen.

 

c)  Alle Kontrollorgane sind umfassend und rechtzeitig über die Unternehmensentwick-lung zu informieren.

 

d)  Für die Besetzung aller Schlüsselpositionen (Geschäftsführungen, Vorstände, Leitungs-funktionen unterhalb der Unternehmens-spitze) werden sachgerechte Anforderungen und durchschaubare, extern nachvollziehbare Verfahren festgelegt.

e)       Die Vergütung der Unternehmensleitungen wird so geregelt, dass sie leistungsbezogene Elemente aufweist, die sich aus dem betriebswirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens sowie der Umsetzung der vom Land Berlin vorgegebenen Unterneh-mensziele ergeben. Die Höhe der Vergütung für Geschäftsführung, Vorstände und Aufsichtsgremien (siehe oben unter d.) ist künftig zu veröffentlichen.

 

f)   Es ist sicherzustellen, dass die prüfungs-fähigen mittelbaren Beteiligungen, die Rechte der §§ 53 und 54 HGrG in ihren Satzungen übernehmen. Die Beteiligungsquote bei mittelbaren Beteiligungen zur Anwendung des § 53 HGrG wird ausschließlich auf Grundlage der nominellen, formellen Höhe der Anteile ermittelt, ohne „Durchrechnen“ der Anteile der Gebietskörperschaft an dem Mutterunternehmen.

 

g)  Für den Fall, dass gegen Grundsätze einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung versto-ßen wird, sind verantwortungs- und haftungs-begründende Tatbestände in den Arbeitsver-trägen für Schlüsselfunktionen einschließlich der Angehörigen der Aufsichtsgremien vorzu-sehen.

 

4.   Das Land Berlin ist über die beabsichtigte Besetzung von Schlüsselpositionen des Unter-nehmens mit ehemaligen Angehörigen des öffentlichen Dienstes des Landes Berlin, deren Verwendung im Landesdienst nicht länger als fünf Jahre zurückliegt, rechtzeitig zu infor-mieren. Die Besetzung unterbleibt, wenn nach Auffassung des Landes Berlin eine Gefährdung seiner Interessen zu befürchten ist.

 

II.

 

Der Senat wird weiterhin aufgefordert, die Neuaufstellung des Beteiligungsmanagements so auszurichten, dass eine effektive Umsetzung und Kontrolle der Einhaltung der bestehenden und im Rahmen des Codex neu zu schaffenden Bestimmungen ermöglicht wird. Dies setzt voraus, die sich aus der Eigentümerfunktion ergebenden Befugnisse des Landes Berlin jeweils bei einer Senatsverwaltung zu bündeln, die Kontrolle über die Wahrnehmung dieser Verantwortung aber dem Senatskollegium in Gänze zuzuweisen.

 

Um eine sachgerechte und verantwortliche Wahr-nehmung der Eigentümerfunktion zu gewährleisten, sind im Rahmen des Beteiligungsmanagements die Anforderungen an Qualifikation, Auswahl, Schulung, Begleitung, Kontrolle und Abberufung der Vertreterinnen und Vertreter des Landes Berlin, die in den dafür vorgesehenen Gremien über die wirtschaftliche Tätigkeit und das Management der Unternehmen Aufsicht führen, festzulegen. Ein Teil der unabhängigen Kontrolleure soll über branchenbezogenen betriebswirtschaftlichen Sach-verstand verfügen. Interessenskollisionen (Siehe oben unter I. 3. lit. b) sind zu verhindern.

 

III.

 

Der Senat wird ferner aufgefordert, die Beteili-gungsberichterstattung so auszurichten, dass jähr-lich, spätestens bis zum 30.06. des Folgejahres, ein aktueller, aussagekräftiger und für das Abgeordne-tenhaus sowie für alle Berlinerinnen und Berliner


einsehbarer Überblick über die wirtschaftlichen Rahmendaten der Landesunternehmen und die personelle Steuerung durch das Land erstellt wird. Es sind die Unternehmensleitungen und die Vertreterinnen und Vertreter in den Aufsichts-gremien zu benennen und ihre Qualifikationen und ihre sonstigen Interessenbindungen anzugeben. In der Beteiligungsberichterstattung sind auch die Angaben zur Höhe der Vergütungen der Unternehmensleitungen und der Vertreterinnen und Vertreter in den Aufsichtsgremien aufzuführen.

 

IV.

 

Der Senat berichtet dem Abgeordnetenhaus vor Einführung des geplanten Corporate Government Codex, jedoch spätestens bis zum 31. Oktober 2004 über die Umsetzung dieses Beschlusses.

 

 

Berlin, den 11. Mai 2004


 

 

Müller   Dr. Felgentreu

und die übrigen Mitglieder der Fraktion der SPD

 

 

Liebich   Dr. Lederer

und die übrigen Mitglieder der Fraktion der PDS

 

 

 

 

Ausschuss-Kennung : Rechtgcxzqsq